Doobidoo – neue Bedeutung für bedeutungslose Silben

Doobidoo ist der Titel einer beliebten schwedischen Freitagabend-Show, in der sich alles um Musik dreht. Die Gäste sind schwedische Größen, jeweils zwei Paare, die gegeneinander antreten und sich in der Unterhaltungsmusik der letzten 50 Jahre gut auskennen sollten. Das Publikum besteht aus – CHÖREN. Denn spontane Gesangseinsätze gehören mit zum Programm. Uns so ergibt sich für mich die einmalige Möglichkeit, bei der Aufzeichnung der 90. Sendung innerhalb der neuen Herbst-Staffel dabei zu sein. An einem Freitagnachmittag im Juni mache ich mich also mit einigen Chorkollegen auf den Weg zu SVT nach Göteborg.

Drei Stunden sind für die Aufzeichnung angesetzt und zunächst werden wir von einem Publikumsbetreuer auf der kleinen Tribüne im Aufnahmestudio verteilt. In engen Reihen sitzen wir zusammengequetscht auf schmalen Stühlen, die kaum ausreichend Armfreiheit zum Klatschen erlauben. Drei Stunden soll ich hier nun aushalten? denke ich noch als ein kleiner, untersetzter Mann mit Halbglatze ins Studio gelaufen kommt und die Zuschauer mit Beifall reagieren. Ich bin vermutlich die Einzige, die Lasse Kronér, den Moderator der Show, nicht sofort erkennt. Ein “snygging” ist der auffällig unauffällige Mann in Jeans, kariertem Hemd und offenem Jacket vielleicht nicht gerade, dafür, wie sich schnell herausstellt, ein begnadeter Entertainer, der selbst abgegriffene Witze so lässig rüber bringt, dass die Zuschauer schnell alle Spannung und Nervosität verlieren, die möglicherweise mit so einem “Fernsehauftritt” verbunden sind. Und genau das ist der Zweck: das Publikum wird erst einmal warm gemacht. Dazwischen probt die Studioband ein letztes Mal und immer wieder werden bekannte internationale oder schwedische Songs eingespielt, die sofort vom Publikum aufgenommen und mitgesungen werden. Und jetzt weiß ich auch, warum nur Chöre im Publikum sitzt sollten: Die Gesangseinsätze sind Programm und eine gewisse musikalische Qualität muss gewährleistet sein, wenn die Zuschauer ohne vorherige Probe spontan alte Schlager mitgrölen. Bevor es richtig losgeht, werden noch einige Beifälle eingespielt. Zuerst ein kräftiger Beifall mit Blick nach vorne rechts zu den Gästepulten. Die Aufnahmeassistentin gibt Zeichen und es wird heftig geklatscht, während etliche Kameras aus verschiedenen Winkeln Menschen aufnehmen, die überaus begeistert niemandem Beifall klatschen. Jetzt ein frenetischer Beifall. Das Publikum trampelt, pfeift, johlt, klatscht was das Zeug hält, während die Assistentin herumhüpft, Grimassen schneidet und der Gruppendynamik ordentlich einheizt. Ein etwas schwächerer Beifall noch, dann ist alles im Kasten. Ein Drittel der Zeit ist um, jetzt kann die eigentliche Show beginnen. Lasse Kronér verschwindet, die Erkennungsmelodie wird angespielt und der Moderator betritt unter erneutem Jubel die Bühne. Es folgen die Gäste, die sich nach kurzer Vorstellungsrunde und Smalltalk auf ihre Plätze an den Stehpulten begeben.

Das Spiel beginnt. In “Första minuten” stehen sich die beiden Team-Kandidaten gegenüber. Auf einem Bildschirm hinter Kandidat 1 wird der Titel eines Musikstücks gezeigt, den Kandidat 2 pantomimisch darstellen muss,etwa „Red Red Wine“ oder „Sexbomb“. Sobald Kandidat 1 den Titel erraten hat, wird getauscht.

Nun wird “Textremsan” gespielt. Lasse Kronér zeigt einen Textstreifen. „Anybody could be that guy“, wer zuerst den Song erkennt muss diesen anstimmen. Mitraten ausdrücklich erlaubt. “You can dance, you can jive, Having the time of your life, oh, see that girl watch that scene dig in the Dancing Queen…”, fallen Studioband und Zuschauer mit ein. Die Stimmung ist Bestens.

In “Arkivet” wird ein Ausschnitt aus eine alten TV-Show oder einem Film gezeigt. Danach stellt Lasse Kronér eine Frage mit inhaltlichem Zusammenhang zu diesem Ausschnitt. Es gibt noch einige weitere Spiele wie „Signaturen“, bei dem die Studioband einen Hit anspielt und die Kandidaten den Künstler raten müssen. „Minnesluckan“ ist ein Memory-Spiel, in dem die Kandidaten, nachdem sie eine Karte umgedreht haben, einen Song anstimmen müssen, der irgendeine Assoziation zu der Abbildung weckt. So ist auf einer Karte eine Ente zu sehen – der Kandidat stimmt “My way” an. Warum? Weil der Song von Paul Anka ist (schwedisch “anka” = Ente).

Die Show endet mit “Sista minuten“, ein ähnliches Spiel wie zu Beginn. Diesmal sieht Kandidat 1 auf dem Bildschirm einen Künstler und muß ein bekanntes Stück von diesem vortragen – Kandidat 2 muss den Künstler erraten.

Und dann ist es auch schon vorbei. Fehlt nur noch der Auftritt des “Blumenmädchens”. Dazu hat Lasse Kronér einen jungen Mann aus dem Publikum ausgewählt, der mit seinem Pferdeschwanz und schottischem Kilt alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Drei Stunden sind um, als die Gäste sich winkend verabschieden und die Aufnahmeleiterin mit einer Liste das Studio betritt. Ein paar Quizfragen müssen noch nachgedreht werden, bei denen sich Lasse Kronér verhaspelt hatte. Wegen der Kameraeinstellung geht das zwar ohne Kandidaten, aber nur mit Publikum im Hintergrund. Und dann ist auch das abgedreht. Lasse Kronér bedank sich bei uns als dem weltbesten Publikum aller Zeiten und wünscht einen guten Nachhauseweg. Man darf gespannt sein, was von den drei Stunden Aufnahmematerial zu der einstündigen Sendung zusammen geschnitten wird.


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